Vaterfigur und Brückenbauer

METTINGEN. Pater Osmar Gogolok, langjähriger Leiter des Mettinger Comenius-Kollegs und des Instituts für Brasilienkunde, ist am frühen Montagmorgen im Alter von 88 Jahren verstorben. Der Franziskanerpater hatte das  Weiterbildungskolleg vor fast 50 Jahren mitbegründet und kurz darauf die Leitung übernommen.

Pater Osmars Lebensweg ist eng mit Brasilien verbunden. In dem südamerikanischen Land kümmerte sich der Franziskanerpater unter  anderem um Straßenkinder. Seine eigenen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg spielten dabei eine Rolle, wie er mal im Gespräch mit dieser Redaktion erzählte. Seine Familie musste aus Oberschlesien, wo er 1933 im damaligen Friedenshütte geboren wurde, nach Dresden fliehen. Dort erlebte er den Bombenangriff mit. „Meine Kindheit war mit zwölf Jahren zu Ende“, berichtete PaterOsmar. Ein Schicksal, das er mit zahlreichen Straßenkindern teilte. Das habe ihm bei seiner Arbeit geholfen.

Pater Osmar verbrachte knapp acht Jahre in Brasilien. Zunächst in Olinda im ältesten Franziskanerkloster im Land, später in Salvador. Dort wurde er 1959 zum Priester geweiht. Der Pater studierte Philosophie, Theologie, Pädagogik, Germanistik und Geografie. 1969, zu Zeiten der Militärdiktatur in Brasilien, war das Institut für Brasilienkunde in Mettingen gegründet worden, dessen Leiter Pater Osmar wurde. Ab 1970 gaben die Franziskaner in Mettingen den Pressedienst heraus. Osmar und seine Mitbrüder werteten brasilianische Zeitungen aus und übersetzten die Berichte. Die Weltöffentlichkeit sollte erfahren, was in dem südamerikanischen Land passierte. „Wir mussten die Stimme des Widerstands sein, die Stimme der Kirche“, erklärte Osmar. Das Institut entwickelte sich mit mehr als 40000 Bänden zur größten Fachbibliothek zu Brasilien im deutschsprachigen Raum.

Das Comenius-Kolleg entstand 1972 durch die Übernahme des brasilianischen Kirchenordens, zu dem die Franziskanerpater gehören. Zusammen mit Pater Serafin, der 2015 verstarb, war Pater Osmar maßgeblich an der Gründung des Kollegs beteiligt. Neben dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg können Studierende aus dem Ausland am dort angeschlossenen Studienkolleg seit 1992 auch die notwendige Zulassung für Hochschulen in Deutschland erwerben.

Die Hälfte der rund 200 Studierenden kommt aus Lateinamerika, ein weiterer Teil aus Afrika. Diese Internationalität fördere auch die sozialen Kompetenzen der Studierenden. Am Kolleg werde ein reger Austausch der Kulturen und Religionen gepflegt, sagte Pater Osmar. Am Comenius-Kolleg unterrichtete er Deutsch, Geografie und natürlich Religion. Er habe es aber nie als seine Aufgabe gesehen, Studierende zum christlichen Glauben zu bekehren. Vielmehr gehe es darum, junge Menschen wieder für religiöse Fragen zu öffnen. 2018 löste die Deutsch-Brasilianische Studienstiftung St. Antonius den St.-AntoniusVerein als Träger des Comenius-Kollegs ab. Pater Osmar übernahm den Vorsitz des Kuratoriums.

Sein Mitbruder Pater Donatus, der ihn schon Mitte der 1950-er Jahre im Noviziat in Rietberg kennenlernte, charakterisiert Pater Osmar als sehr zielstrebigen Menschen, der sich intensiv um Kollegen und Lehrerschaft gekümmert habe. Er sei ein „tiefer Kenner der brasilianischen Verhältnisse“ gewesen und habe so Brücken zwischen Deutschland und dem südamerikanischen Land gebaut. Sein Wirken sei „sehr segensreich“ gewesen. Man habe sich gegenseitig sehr geschätzt, so Pater Donatus.

Pater Osmar Gogolok sei für viele eine Vaterfigur gewesen, sagt der heutige Leiter des Comenius-Kollegs, Thorsten Bahlmann. „Er war zudem äußerst zuverlässig. Auf sein Wort konnte man sich immer verlassen“, so Bahlmann weiter. Er habe niemanden aufgegeben, sondern stets das Gute im Menschen gesehen. Ein typisches Pater-Osmar-Zitat laute: „Es geht immer weiter.“ Mit Blick auf die Schule habe der Pater immer wieder visionäre Ideen gehabt. Und in diesem Sinne werde das Kolleg weitermachen.

Bürgermeisterin Christina Rählmann betont, das Comenius-Kolleg sei „ein fester Bestandteil der Mettinger Bildungslandschaft. Und Pater Osmar hat es auf den Weg gebracht“. Durch seine Arbeit im Kuratorium habe sie ihn gut kennengelernt, berichtet Rählmann. Da habe er sich bis zu seinem Lebensende federführend für das Kolleg eingesetzt: „Es war ihm eine Herzensangelegenheit“. Es freue sie sehr, dass der Pater Anfang Oktober noch die gute Nachricht erfahren konnte, dass die Zukunft des Kollegs durch das 16. Schulrechtsänderungsgesetz gesichert ist. Ich weiß, dass er im festen Glauben gestorben ist, dass es die Auferstehung gibt und er in Christus weiterlebt“, sagt Thorsten Bahlmann.

»Es geht immer weiter.«

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