Pater Paul

Pater Paul wurde am 1. Januar 1925 als Josef Knespl in Königgrätz (heute Tschechische Republik) geboren. Als weiterführende Schule besuchte er ein Gymnasium der Kapuziner und trat am 7. September 1941 in diesen Orden ein, der versucht, die Nachfolge des Hl. Franz von Assisi zu leben.
Josef Knespl wurde Minderbruder, kleiner Bruder des Heiligen aus Assisi. Er wählte den Ordensnamen Paulus, was ja der Kleine, der Demütige bedeutet. Das war sicher eine treffende Wahl. Damit ist nicht gemeint, dass Pater Paul eher von kleiner Körpergröße war, damit ist seine Lebenseinstellung gemeint. Er war ein wirklicher Minderbruder, ein kleiner Bruder, der sich nicht in den Vordergrund spielte, der nicht mit seinen reichlichen intellektuellen Gaben prahlte, der selbst dort, wo er Macht besaß, auf ihren Einsatz verzichtete.
Am 20. Juni 1948 weihte der Prager Erzbischof Kardinal Beran ihn im St.-Veits-Dom zu Prag zum Priester. Lange konnte er nicht ohne Bedrängnis in seinem neuen Berufsfeld tätig sein, den mit der Umwandlung der Tschechoslowakei in eine sozialistische Gesellschaft kam auch die Bedrängnis der Kirchen durch die politischen Kräfte des Kommunismus. 1950 wurde alle Klöster aufgehoben, somit auch das Kapuzinerkloster, zu dem Pater Paul gehörte. Pater Paul wurde zum Militärdienst eingezogen. Später studierte er Latein und Geschichte und wurde 1955 zum Dr. phil. promoviert. Er arbeitete als Gymnasiallehrer, wobei er noch die Lehrbefähigungen für die Fächer Mathematik und Physik erwarb.
Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Pädagoge reiste er 1968 nach Westeuropa und befand sich zufällig in Deutschland, als der „Prager Frühling“ von Panzern der Sowjetunion und anderer Staaten des Warschauer Paktes niedergewalzt wurde. Pater Paul blieb in Deutschland. Das Kapuzinerkloster in Bocholt wurde sein neuer Wohnort. Von dort aus arbeitete er als Lehrer am Kapuzinergymnasium und half in vielen Pfarrgemeinden als Seelsorger mit. Eine Tätigkeit, die er bis zu seinem Tode nicht aufgab. Viele Pfarrgemeinden in Ibbenbüren und Umgebung hatten das Glück, den Priester Paul Knespl zu erleben, denn 1971 zog er von Bocholt nach Ibbenbüren.
In diesem Jahr war er zum Seelsorger der in den Bistümern Münster, Osnabrück und Hildesheim lebenden Tschechen ernannt worden. Mit großer Hingabe widmete sich Pater Paul dieser Aufgabe in der hiesigen Ausländerseelsorge. Übrigens hatte er auch immer eine Kleinigkeit für Slowaken im Gepäck, die auch zu seinen Gottesdiensten kamen, ein Gebet, ein Lied.
Auch nach dem Umzug arbeitete Pater Paul als Mathematiklehrer, zunächst in der Roncalli-Schule in Ibbenbüren, dann ab 1978 am Comenius-Kolleg in Mettingen, der Erwachsenenschule, die von einem anderen Zweig der Minderbrüder, der kleinen Brüder des Hl. Franz von Assisi getragen wird, den Franziskanern. Mit dem gesamten Kollegium unternahm er 1982 eine Pilgerfahrt nach Assisi. (Das Bild oben stammt von dieser Reise.)
Pater Paul war ein kleiner Bruder. Er machte nie etwas daraus, dass er akademische Grade besaß. Er war Doktor der Philosophie (Dr. phil.) und Licentiatus in Theologie (Lic. theol). Er arbeitete in verschiedenen kirchlichen Gremien, unter anderem bei einem Kirchengericht im Bistum Münster. Er war sehr sportlich. So mancher Studierender war erstaunt, dass Pater Paul ihn zu Beginn seiner Zeit als Lehrer von der Tischtennisplatte putzte. Später machte ein Hüftleiden diesen Aktivitäten leider ein Ende. Und dann ist da noch die Olympiageschichte. Pater Paul gehörte als Vizetrainer zur Eishockey-Nationalmanschaft der CSSR. Den oft genannten sportlichen Auftritt in Rom quittierte er mit aber mit einem hintergründigen Lächeln, wohl in der Hoffnung, dass die Menschen von selbst darauf gekommen würen, dass in Rom Sommerspiele waren.
Nach seiner Pensionierung als Lehrer, widmete er sich verstärkt der seelsorglichen Tätigkeit. Sein Hüftleiden konnte durch eine Operation behoben werden, so dass er sich wieder ohne große Probleme bewegen konnte. Im Comenius-Kolleg blieb er – wie überall – ein gern gesehener lieber Gast.
Am 23. November 1999 starb Pater Paul in Münster. Am 27. November wurde sein Körper auf dem Zentralfriedhof an der Nordstraße in Ibbenbüren zu Grabe getragen. Seine Sanftmut, sein Lachen, seine tiefe Bildung und sein fester Glauben werden vielen in Erinnerung bleiben.
Hupsy

Pater Paul

Meine liebste Erinnerung an Pater Paul
Wir sitzen in einer Pause an einem Tag der mündlichen Abiturprüfung, na, wo wohl? Ist doch klar, am Kaffeetisch, obwohl Paul ja eigentlich Kräuterteee trinken soll.
„Paul, was machst Du eigentlich, wenn jemand wegen der Prüfung plötzlich völlig durchdreht vor Angst?“
„Nu, weißt Du, Hupsy, im Abitur bin ich zuerst Seelsorger, und dann erst Mathematiker.“

Ja, so war Pater Paul. Außer Zweifel steht, dass er mit dem nötigen Ernst und mit dem gebotenen Respekt vor Prüfungsordnungen junge Menschen zur Hochschule führte, die dann mit dem vermittelten Wissen und der gewonnenen Bildung auch tatsächlich etwas anfangen konnten. Aber er vergaß nie, den ganzen Menschen zu sehen, und somit, – eben deshalb war er wirklich Seelsorger – dass die Menschen auch eine Seele haben.
Mit Pater Paul redete ich besonders gern über Gott und die Welt. Denn er vergaß über die Welt nie Gott, und was mir noch wichtiger war, er verfiel nicht in die Berufskrankheit vieler seiner Kollegen, über Gott die Welt zu vergessen.
Wenn ich mir vorstelle, wie heute der Hl. Franz von Assisi aussehen könnte, dann fallen mir schon einige Menschen ein. Und immer dabei, und zwar ganz vorn, ist Pater Paul, unser lieber kleiner Bruder Paul.
Hupsy

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