Ein Wort zu den sogenannten Drop-Outs
Wie seit Jahren üblich, verabschiedeten sich die Abiturienten mit einem Frühstück für die ganze Schule und einem Wissensquiz, in welchem „Allgemeinkenntnisse“ der Lehrer und Lehrerinnen überprüft werden sollten. Vom Lay-out her ansprechend war auch die Abizeitung, die geringen Geldmittel lassen dann aber keinen besseren Druck zu, so dass z.B. beim Schwedenartikel die Ironie, die die Fotos vermitteln sollen, unklar bleibt.

In einem „kleine Bilanz“ überschriebenen Beitrag widmet sich die Redaktion den sogenannten Drop Outs. Am 10. August 1998 waren 81 Kollegiatinnen und Kollegiaten in das erste Semester gestartet. 29 erhielten nun das Abiturzeugnis. Von den 81 im ersten Durchgang gar nur 18. Woran mag es liegen, fragt die Redaktion und schließt pessimistisch an: Das wird wohl nie beantwortet werden.
Hier ein kleiner Versuch einer Antwort. Sie fällt etwas weit gefächert aus, den Monoikausalität gibt es ja nicht in der Geschichte. Haben wir doch gelernt, oder nicht?
Zu allererst, denke ich, muss die Schule selbst sich fragen, ob es nicht auch an ihr liegt, dass das zu erstrebende Ziel von einigen/von vielen nicht erreicht wird. Dies scheint mir so wichtig, dass ich diesen Gedanken an die erste Stelle gesetzt habe. Rein methodisch hätte vorher aber schon stehen müssen: War das Abitur überhaupt das Ziel aller 81 vom 10. August? In den letzten Jahren haben sich die Kollegs auch für die Fachhochschulreife geöffnet. Zwar ist das Abitur noch immer das vorrangige Schulziel, aber nun kann man auch von Anfang an mit der Absicht einsteigen, die FHR zu machen. Die neue Attraktivität vieler Studiengänge an den Fachhochschulen, das kürzere Studium und die günstigen Berufschancen lassen immer mehr Studierende diesen Weg wählen.
Ebenfalls seit einigen Jahren wirkt sich eine Veränderung der Eingangsvoraussetzungen aus. Die Aufnahmeprüfung für alle ist fortgefallen. An unserem Kolleg müssen nur noch diejenigen eine Aufnahmeprüfung in Deutsch, Englisch und Mathematik machen, die keine Fachoberschulreife haben. Wer im Ausland seine Schule abgeschlossen hat, muss eine Deutschpr?fung bestehen. Ganz klar, dass hierdurch viel mehr Studierende anfangen können, manchmal muss sogar dreizügig begonnen werden, wie im August 1998. Aber nicht jeder, der die formalen Voraussetzungen für den Besuch der Oberstufe hat, ist tatsächlich auch dafür geeignet. Was ja nicht weiter schlimm ist, da es ganz unterschiedliche Begabungen und Interessen gibt. Man muss sie halt nur erkennen, und das kann manchmal ein wenig dauern.
Schließlich gibt es Krankheit, familiäre Schwierigkeiten, bei nicht ausreichendem Stipendium auch finanzielle, die dazu führen, dass das Studium unterbrochen oder gar abgebrochen werden muss. Wer nachts im Großmarkt Kisten schleppen muss oder im Krankenhaus Nachtwache hält, ist nicht immer in der Lage, tagsüber den schweren Stoff zu büffeln. Und trotzdem schaffen es auch aus dieser Gruppe viele. Mütter und Väter, darunter alleinerziehende und solche mit kranken Kindern, über 30 Jahre alte, die aus dem BAFöG herausfallen u.v.a. boxen sich durch
Weiterhin: Einmal oder zweimal pappen zu bleiben, ist überhaupt keine Schande. Entsprechend sollte das Zahlenspiel 81:29 auch anders aussehen. Es geht ja um einen Lernprozess, bei dem manche erst später als andere ihre schöpferischen Fähigkeiten und andere Talente entdecken, und nicht um eine Leistungsschau hochgezüchteter Viecher.
Schließlich gibt es sicher auch den einen oder anderen faulen Sack, – wird er nicht insgeheim ob seiner Lebenseinstellung bewundert? – und vielleicht auch einen BAFöG-Abzocker oder eine BAFöG-Abzockerin. Aber über die möchte ich nun wirklich nicht reden. Das überlasse ich gern beschränkten Politikern.
Allen Studierenden und Ex-Studierenden, egal ob mit Abi, FHR oder FOR, ob mit Latinum oder ohne, ob mit zweiter oder gar dritter Fremdsprache oder mühevoll nur mit einer, wünsche ich, dass sie ein erfülltes Leben leben werden, und dass der Aufenthalt an unserer „Schule für Erwachsene“, einewenig dazu beigetragen haben möge.
Hupsy (Lehrer und selbst Absolvent eines Abendgymnasiums. In seinem Semester begannen 1965 32, von denen 4 (in Worten: vier) ohne Pause zum Abitur kamen.)

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