„Zieh in das Land, das ich Dir geben werde!“ (Jos 1,2) spricht Gott und gemeint ist zunächst das konkrete Stück Land für das Volk, auf dem es sein materielles Auskommen hat. Aber auch das „verheißene Land“, das die erben, die auf den Herrn harren. (Ps 36,9) Symbol der Begegnung mit dem Herrn der Geschichte, dessen zugewandte Hände sein Volk ergreift und sich seiner Bedürftigkeit bewusst wird und all das erfährt, was mit dem Wort „Schalom“ gemeint ist.
Eingespannt zwischen beidem dieses Foto von Sebastiao Salgado aus seinem Bildband „Terra“. Es zeigt eine junge Familie bei der Besetzung der Fazenda Giacometi nach der Enteignung durch die Regierung des Staates Parana in Brasilien. Frau und Mann, – Vater und Mutter mit dem Säugling an der Brust – haben ihr Stückchen Land bekommen und besetzt, für die es bisher keinen Platz in der „Herberge“ gab. Endlich Land! Weg von der Straße! Nie wieder zurück in die „Wüste“, an den Straßenrand, wo neben Hunger und Durst sie den Übergriffen und Gewalttaten der Privatarmeen der Großgrundbesitzer ausgesetzt waren. Sie sitzen vor ihren notdürftig aufgerichteten Zeltplanen und behaupten Platz und Bambusholz, auf dem sie sitzen und Feuer machen können zum Kochen und Wärmen. Wo das Feuer brennt, da steht mein Herd, da ist mein Zuhause. Noch aber ist es nicht soweit, sie blicken, hin und her gerissen, teils selbstbewusst abwartend, teils skeptisch bis ängstlich gespannt, denn schon einmal platzte ihr Traum vom „gelobtem“, versprochenen Land, als es sich die Mächtigen durch Winkeladvokaten zurückholten und sie in die Wüste, an den Straßenrand, jenem Ort des Todes, wo Menschen verhungern und verdursten und umherirren, zurückgetrieben wurden. Sie haben am eigenen Leib erfahren, was Isaias sagt: „Er wandert umher, verdrossen und hungrig. Und wenn er hungert, dann wird er wütend und er verflucht seinen König und seinen Gott. Er blickt nach oben und blickt zur Erde; aber überall sieht er nur Not, Finsternis und beängstigendes Dunkel.“
Noch trauen sie dem Ganzen nicht, der Mann und die Frau können es noch nicht glauben, dass die Finsternis verscheucht sein soll. Noch greifen sie nach dem nächstliegenden, das zumindest den Schmerz lindert, und halten sich fest an der Drogenzigarette. Argwöhnisch behalten sie ihre Richtung im Auge. Mit ihrem Rücken zu ihnen steht eine andere Person, die die andere Seite der „Zeltstadt“ bewacht. War es das jetzt? Sollte sich wirklich erfüllen, wie Isaias fortführt: Doch die Finsternis wird verscheucht; denn wer jetzt in Not ist, bleibt nicht im Dunkeln.“ (Jes 8,21-23) Ist das jetzt die Erfüllung ihres Traumes? „Terra“, das heißersehnte Land für sie, die Landlosen, auf dem sie ein Haus für die Familie bauen können, genug zum Leben haben und soviel erwirtschaften, dass ihre Kinder zur Schule gehen können?
Einzig das Kind an der Brust der Mutter ruhend, halb saugend, halb schlafend, ein Bild der Geborgenheit im Arm der Mutter wird zum Widerspruch dieses von überspannter Aufmerksamkeit getragenen Momentes. 
In Ihm liegt die Hoffnung, dass dieser Ort ein Ort des Heils ist. „Natus est Nobis“. In jeder Menschwerdung schafft Gott Ewigkeiten. An diesem Punkt kann das Bild für uns zur Adventlichen Ikone werden. „Jesus“ d.h. Gott rettet. Die sich zum Kreuz vereinigenden hölzernen Zeltstangen über dieser kleinen Familie lassen uns den menschgewordenen Gott erahnen, der am Kreuz sein Leben gibt „pro nobis“. 
Er geht mit uns auf unserer dunklen Spur und sieht immer schon die Ägyptensituation des Menschen. In ihm kann Gott trotz allem als zugewandte Liebe erfahren werden, wie es das erste Testament verheißt: „Gesehen hab ich das Elend meines Volkes!“(Ex 3,7) 
Hier liegt die Hoffnung, dass jedem Gottsehen des Menschen ein Sehen Gottes vorausgeht. Nicht Gottvergessenheit ist unser Schicksal, sondern Zugewandtheit „Ich bin da für Euch!“( Ex 3,14) 
Zum ersten Mal in der Weltgesichte gab der Mensch im Elend – Hagar auf der Flucht vor Sara in der Wüste am Brunnen – Gott einen Namen: „Du bist der „Lebendig – mich Sehende.“ Es heißt dort: „Weiter sprach der Engel des Herrn zu ihr: Du bist schwanger, du wirst einen Sohn gebären und ihn Ismael (Gott hört) nennen; denn der Herr hat auf Dich gehört in Deinem Leid. Dann nannte sie den Herrn, der zu ihr gesprochen hatte: El Roi( Gott, der nach mir schaut). Sie sagte nämlich: Habe ich hier nicht nach dem geschaut, der nach mir schaut? Darum nannte sie den Brunnen Beer-Lahai-Roi ( Brunnen des Lebendigen, der nach mir schaut).“ Gn 16,11.13-14 
Auf die Frage nach dem „Warum“ gibt es keine Antwort, aber die Hl. Schrift hat ein höchstes Bewusstsein davon, dass bei allem Leid ein „Du“ ist. „Ich weiß, wie sehr ihr leidet, darum bin ich herabgestiegen….und werde Euch aus diesem Lande herausführen…in ein Land, das von Milch und Honig überströmt- „(Ex 3, 8)
So kann Gott angesichts dieses Bildes, das einen Moment des Leidensweges der Landbevölkerung Brasiliens festhält, über uns kommen und uns zum „Feuer“ und zur Unruhe werden, Ja er kann uns lästig werden, eben jenes Feuer, das brennt, aber nicht verbrennt, (Ex 3,2) wenn wir das Leid der Armen in Lateinamerika und anderswo auf der Welt übersehen, Und es kann durch uns das von Isaias entliehene Zitat des Mathäus: »Denen, die im Land des Todesschatten wohnen, erglänzt ein Licht.“ (Mt. 4,16b) Wirklichkeit werden.

„Terra adveniat!“

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