Symbolhaft: Artur Ociepa aus Polen reicht dem deutsch-brasilianischen Franziskaner Pater Donatus Brot. Über das Brot wird ein Segen gesprochen, dann wird es geteilt. Mögen wir alle uns dafür einsetzen, dass niemandem Brot fehlt, mögen wir alle immer teilen. Wir sind Brüder und Schwestern.

International gemischt sind Kollegium und Studierendenschaft am Comenius-Kolleg. Auch was die Religionen angeht, herrscht bunte Vielfalt. So bedeutet Oekumene am Kolleg nicht nur Verständigung und Zusammenarbeit zwischen christlichen Konfessionen – das wäre kleine Oekumene – sondern überschreiten der Religionsgrenzen. Diesmal beteiligten sich Vertreter und Vertreterinnen aus Christentum und Buddhismus am Friedensgebet.
Die bunte kulturelle Vielfalt schlägt sich dann auch beim Speiseangebot für das gemeinsame Essen nieder. Guten Appetit. Agape ist ja auch Liebesmahl.

Text: Hupsy Fotos: Artur Ociepa, Polen (4), Silvana Fiuza de Souza, Brasilien (1)

Nein zum Krieg!
Vollversammlung der Studierenden gegen den Irak-Krieg
Fotos: Artur Ociepa ? Text: Hupsy

Frieden schaffen durch Waffen? fragt ein großes Transparent am Comenius-Kolleg in Mettingen. Es soll nicht nur der Öffentlichkeit einen Denkanstoß geben, sondern auch deutlich machen, dass Studierende und Lehrende sich über den Unterricht hinaus, in welchem das Thema Aggression, Gewalt, Frieden ohnehin Pflichthema ist , mit der gegenwärtigen Kriegsproblematik beschäftigen. Ausdrücklich ist das Motto des Transparentes mit Fragezeichen versehen. Es soll deutlich machen, dass wir am Comenius-Kolleg selbst nicht mit holzschnittartigen Vorschlägen zur Lösung der Problematik dienen wollen und können.

Am Freitag, dem 15.3.2003, kamen viele Studierende und Lehrende zu einer Planungsveranstaltung zusammen, die von der Studierenden Judith Vogel geleitet wurde. Einer der dort gefassten Beschlüsse ist, dass der anstehende Studien- und Projekttag sich mit dem Thema Krieg = kollektive Gewalt und dem Thema Frieden = Abwesenheit von Krieg aber auch Abwesenheit von sozialer Ungerechtigkeit (Krieg beginnt nicht erst, wenn Bomben fallen!) auseinandersetzen soll.

Am Donnerstag (20.3.) waren dann viele von der Nachricht überrascht worden, dass der Krieg gegen den Irak begonnen hatte. Zu einer Schulveranstaltung fanden sich viele Studierende und Lehrende ein. Einhellig waren sie sich in der Ablehnung dieses Krieges und von Kriegen überhaupt als Mittel politischer Konfliktlösung.

Grüne Luftballons mit der Forderung eines Nein zum Irak-Krieg.

Durchaus kontrovers wurde die Politik der Bundesrepublik Deutschland in diesem Fall diskutiert. Die Extrempunkte der Meinungen waren, dass die BRD – als imperialistische Macht direkt in diesen Krieg eingebunden sei und ihre Interessen hinter klingenden Worten verschleiere, bis hin zu der Überzeugung, dass z.B. die Bemühungen von Außenminister Fischer um eine Lösung des Konflikts ohne Krieg auf „echter Überzeugung“ beruhten.

Andrang wie selten: Bis auf die Galerie ist das Foyer des Kollegs besetzt.

Keinen Widerspruch gab es zu der Forderung, die Ursachen des Krieges, die Ursachen von Kriegen zu erforschen und die Ergebnisse dieser Analysen zum Ausgangspunkt politischen Handelns zu machen.

Schulleiter Pater Osmar schildert den großen Bombenangriff auf Dresden, den er als Junge mit seiner Mutter erlebte, und gab zu bedenken, dass solche Aktionen nicht unbedingt dazu führen, ein diktatorisches Regime für den Feind zu halten, sondern eher dazu, die Bombenflugzeuge als Bedrohung zu empfinden.

Die meisten der Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Vollversammlung wollte es nicht dabei bewenden lassen, nur in der Schulöffentlichkeit zu protestieren. Sie zogen zum Markplatz zu einem „Die in“, einer Aktionsform, bei der die Menschen auf ein Signal hin, einen Sirenenton in diesem Fall, auf den Boden fallen und drastisch vorführen, wie Sterben nach einem Angriff aussehen kann. So lagen die Demonstranten dann symbolisch als Opfer von Gewalt auf dem irischen Basalt des Mettinger Marktplatzes.

Viele Kurse änderten ihre Unterrichtspläne und gingen auf die unmittelbare Problematik ein. Krieg und Frieden ist auch das Thema der Montagsmeditationen und der Agapefeier. Zahlreiche Plakate wurden gemalt, u.a. von der Studierenden und Malerin Lilija Bauer, die vor kurzem noch mit einer Ausstellung ihrer Gemälde im Kolleg vertreten war. Denkanstöße für den Frieden!

Leserbrief von Martin Simon, Mettingen

Der Mettinger Bioland-Gärtner und Pädagoge Martin Simon nimmt in einem Leserbrief, der am 20.3.2003 in der Ibbenbürener Volkszeitung veröffentlicht wurde, Stellung zu der Aktion der Studierenden und zur Reaktion auf sie.

Stellenwert des Kunstwerks nicht erkannt

Zur Anti-Kriegs-Demonstration auf dem Marktplatz

Donnerstag, der 20. März 2003. Für mich ein normaler Arbeitstag. Wohl wissend, dass George W. Bush mit der Bombardierung des Irak begonnen hat, aber nicht wirklich in dem Bewusstsein packe ich meine Waren für den Mettinger Wochenmarkt. Als ich mittags dort erscheine, fällt auf, dass vor der Engel Apotheke und der Metzgerei Hatke der Platz bemalt worden ist.

Ein wartender Marktarbeiter meint auf meine Frage: ?Ach, da haben ein paar Schüler irgendwelche Schmierereien veranstaltet. Sie haben sich auf dem Boden gewälzt und sind herumgelaufen. Die Polizei ist auch schon informiert.“ Jetzt taucht ein Streifenwagen der Polizei auf. Die Beamten steigen aus.

Neugierig geworden hadere ich noch einen Moment wegen meiner knappen Zeit, gehe aber dann doch die paar Schritte, um mir das Ereignis aus der Nähe anzusehen. Auf dem Pflaster heben sich deutlich die Umrisse von Menschenkörpern ab. Wohl erst mit Kreide ummalte menschliche Körper in verschiedensten Haltungen, wie jeder sie aus den Kriminalfilmen zur Positionsmarkierung von Leichen kennt, zur kontrastreicheren Wiedergabe dann mit Kreppband abgeklebt. Der ganze Vorplatz voller Leichenmarkierungen.

Die Umrisse tragen Namen wie Mohamed oder einfach nur: ?Eine Frau mit vier Kindern“. Anlässlich des Kriegsbeginns im Irak wird deutlich gemacht: Im Irak sterben Menschen. Die Menschen tragen Namen. Sie sind nicht anonym, nur weil wir

sie nicht kennen. Auch Du oder ich könnten in dieses Land geboren worden sein und zu den Opfern gehören. Die Szenerie fährt mir unter die Haut. Sie rüttelt mich wach. „Ich find das total klasse, was hier veranstaltet worden ist, das ist ein Kunstwerk“, sage ich zu den Beamten und den paar Umstehenden und begründe meine Meinung. „Haben Sie damit zu tun?“ fragen die Polizisten. „Nein“, antworte ich und die Umstehenden bestätigen.

Später fällt mir ein: Ich habe die falsche Antwort gegeben. Natürlich habe ich damit zu tun. Wir alle haben damit zu tun. Im Irak sterben Menschen. Wie immer man die politische Situation bewerten will, diese Tatsache ist nicht zu leugnen und wurde mit der Aktion verdeutlicht.

Leider wurde der Stellenwert des Kunstwerkes nicht erkannt. Die Sorge um die Reinlichkeit des Ortes veranlasste die Ordnungsmacht zur Anordnung der Entfernung, noch bevor die Marktbesucher die Chance hatten, sich, ihr eigenes Bild zu machen. Vielen Dank dem Mettinger Oberstufenkolleg.
Martin Simon

Zur Demonstration auf dem Markplatz und zu den Reaktionen nimmt Der Sprecher des AstA (Allgemeiner Studierenden Ausschuss) des Comenius-Kollegs, Andreas Schmit, Stellung.

Eine Demonstration mit Symbolcharakter,
oder nur ein Spaß mit Dreck?

Verbot einer öffentlichen Demonstration gegen den Krieg

Eigentlich sollte man doch annehmen, das eine „friedliche“ Demonstration gegen den „Krieg im Irak“ einen positiven Stellenwert hat. Wenn man kein Kriegsbefürworter ist, müßte eine solche Aktion doch auf Gegenliebe stoßen.

So dachten auch einige Studierende und Lehrer des Comenius-Kollegs in Mettingen und entschlossen sich am besagten Tag X, dem Beginn des Irakkrieges, eine Demonstration gegen den Krieg zu machen.

Man besprach sich am Donnerstag des 20. März in der Aula des Kollegs. Kurz darauf sammelte man sich für einen sog. „Die in“ auf dem Marktplatz in Mettingen. Das „Die in“ stammt ursprünglich aus der Anti-Nuklearbewegung. Beim Protest gegen den Krieg geht es darum, die Folgen eines Krieges schauspielerisch und anschließend malerisch ,z.B. mit Kreide, darzustellen. Es wird eine Sirene, wie in unserem Fall, oder ein langer Flötenton zum Ertönen gebracht, währenddessen fallen die Demonstranten zu Boden, als wären sie von Bomben getötet worden. Wenn diese dann auf dem Boden liegen, werden ihre Umrisse mit Kreide umzeichnet oder mit Kreppband umklebt. Da die mit Kreide ummalten „Toten“ bald vom Regen weggespült worden wären, entschlossen wir uns, sie mit Kreppband zu verdeutlichen. Eine deutliche Darstellung von Kriegsfolgen war die Folge.

Alles lief ruhig und nach Plan ab, bis auf einmal jemand aus dem Hotel Telsemeyer heraus gestürmt kam und kurzer Hand die Sirene abstellte. Seine Worte waren: „Was soll der Lärm und die Schmiererei. Ich habe Gäste, die ihre Ruhe brauchen. Ich muss mir ja schließlich mein Geld hart verdienen und kann nicht wie ihr vom Staat herumleben.“ Wir waren einen Moment lang geschockt. Aber dann wurde ein Unverständnis in der Gruppe laut. Wieso hat dieser Hotelfachmann, der sein Geld so hart verdient, nicht einfach gefragt ,was wir mit dem angeblichen „Lärm“ und der „Schmiererei“ bezwecken wollen? Wir hätten uns sehr über eine Konversation gefreut, über Schreie aber nicht.

Nachdem wir dann unsere Aktion beendet hatten und zur Schule zurückkehren wollten, bekamen wir von der gleichen Person, diesmal mit Verstärkung, noch ein paar nette Worte mit auf den Weg. Sie lauteten: „Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt. Wir werden das Ordnungsamt kontaktieren.“ Das war wirklich nicht nett. Schon wieder Geschrei und kein Verständnios für unser Handeln. Wer schreit, ist doch bekanntlich im Unrecht. Ein Lehrer von uns versuchte noch zu erklären, dass der teure „irische Basalt“ zu Tagen des Schützenfestes und der Kirmes viel schlimmer in Mitleidenschaft gezogen wird. Außerdem machen Kreppband und Kreide den Steinboden nicht kaputt, auch nicht wenn es teurer „rischer Basalt“ ist.

Als das letzte Gespräch beendet war, kehrten wir unverstanden und mit geteilten Gefühlen zu unserer Schule zurück.

Am Kolleg angekommen eilte ein Mann durch unser Schulgebäude. Ohne sich vorzustellen, fragte er in einem harten Ton, wo denn wohl unsere Schulleitung anzutreffen wäre. Wir erklärten ihm freundlich den Weg. 

Einige Zeit später sahen wir besagten Mann in voller Aufregung mit einem Teil unserer Schulleitung diskutieren. Bald darauf wurde unser Schulsprecher zu dem Gespr?ch hinzugezogen. Er ging auf die beiden zu und wurde darüber informiert, dass es sich bei diesem Mann um einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes handelte. Nach kurzer Vorstellung ging das mahnende Gespräch seitens des Ordnungsamtes auch schon los. Der gute Mann wollte wissen, wer für die Demo verantwortlich gewesen war. Es wurde ihm erklärt, dass es einige Studierende des Kolleg gewesen waren.

Das reichte ihm leider nicht ,und so erklärte er den Schulsprecher für den alleinigen Verantwortlichen. Dieser versuchte dann zu erklären, worum es überhaupt bei dieser Aktion ging. Eine Demo gegen den Krieg. Aber das zählte alles nicht. Der Mann meinte:?“Ihr habt euren Spaß gehabt. Der Dreck muss weg! Eine Anmeldung lag auch nicht vor.“

Spaß? Dreck? Anmeldung? Der Studierendenvertreter versuchte erneut zu erläutern, dass es sich um eine Antikriegsdemo handelte und dass man keinen Spaß gehabt und keinen Dreck produziert hat. Außerdem kennen wir Herrn Bush nicht persönlich und konnten daher nicht wissen, wann es losgeht, und dieser angebliche „Dreck“ ist eine Darstellung von Leuten, die durch den Krieg gestorben sind.

Die Reaktion darauf war noch gravierender, denn es wurde für den Fall des Nicht-Entfernens des Kreppbandes mit Anzeigen gegen die Schule und gegen den Schulsprecher gedroht. Hinzu kam, dass die Personalien des Vertreters der Studierenden verlangt wurden. Diese wurden aber nicht ausgehändigt. Darauf drohte der Ordnungsmann mit der Polizei. Sie sollte dann die Personalien aufnehmen, egal ob gewollt oder nicht. Dann eilte er zum Büro. Die Schulleitung fing ihn dort ab und beruhigte ihn. Zuletzt einigten sie sich dann darauf, dass das Kreppband entfernt werden sollte. Einige Studierende entfernten dann das Kreppband gegen ihren Willen.

Eigentlich sollte Mettingen die Möglichkeit erhalten, sich ein Bild über unsere Aktion zu machen, das geht nun leider nicht mehr. Schade, dass eine gute Sache von Leuten verboten wurde, die den Sinn nicht verstanden haben.

Ein besonderes Lob wollen wir noch Herrn Martin Simon erteilen. Danke für ihr Verständnis und ihren tollen Leserbrief.?

Andreas Schmit, Studierendensprecher

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