Glasfassaden, Menschenmassen und mehr Schuhgeschäfte als in Mettingen, das waren die ersten Eindrücke von Berlin. Vom Hauptbahnhof zur S-Bahn, Rolltreppe hoch, Stufen wieder runter, so fanden wir den Weg in das Jugendgästehaus. Auch hier alles tipi topi, kleine Zimmer, Etagenbetten, Frühstücksraum, alles blitz-blank.

14.00 Uhr Berlin on Bike
Mit dem Fahrrad durch Berlin, was abenteuerlich klingt ist es auch. Auf du und du mit dem Berliner Stadtverkehr ging es in langer Reihe hinter einander her. Schwerpunkte unserer Tour, die Jüdische Gemeinde, Spandauer Vorstadt, Holocaustdenkmal. Nachdenken, betrachten, wirken lassen. Weiter führte uns der Weg in das Leben der DDR mit Mauergedenkstätte, Palast der Republik und Alexanderplatz. Nur erahnen konnten wir was es mal bedeutete, in einer Stadt zu leben, die durch eine Mauer getrennt war. Weiter zum politischen Berlin: Regierungsviertel, Brandenburger Tor, Pariser Platz. Eine echte Weltstadt mit dem Fahrrad erkundet, beeindruckend und hautnah.

19.30 Uhr Berliner Ensemble
Nach beeindruckendem Spurt von Franjo und Chris, die uns die reservierten Karten sichern mussten, da wir entschieden zu spät waren, saßen wir im Theater. Ein neo-barockes Theater mit Logen, goldenen Schnörkeln und samtbezogenen roten Sitzen. Auf dem Programm stand „Ein Wintermärchen“ von William Shakespeare, nach einer Inszenierung von Robert Wilson. Mit einprägsamen Bildern und viel Musik wurde aus dem Märchen ein beängstigter Alptraum von Raserei und Eifersucht, Hass und Liebe. Das glückliche Ende ließ uns den Absacker in der nächsten Kneipe gut schmecken.

Samstag 10.00 Uhr
Gestärkt vom Frühstück ging es weiter auf Sideseeing. Nach einem Referat von Christin, zum Protest in der Rosenstrasse und Tanjas Referat zu den Stolpersteinen hatten wir um 11.30 Uhr Termin im Museum „Blindenwerkstatt Otto Weit“. 
Inge Deutschkron, Journalistin, Gründerin des Museums und Zeitzeugin, führte uns durch die ehemaligen Räumlichkeiten der Blindenwerkstatt. Sie nahm uns an die Hand und mit hinein in die Zeit der Judenverfolgung während der Zeit des Nationalsozialismus. Mit eindrücklichen Schilderungen sprach sie von der Verfolgung der Menschen, dem Mut zum Widerstand und der Hoffnung die in diesen Räumen allgegenwärtig war. Über 2 Stunden, Mucksmäuschen still, hörten wir wie gebannt zu und es hätte noch ewig so weiter gehen können. Der Besuch der Blindenwerkstatt war wohl einer der Höhepunkte unserer Berlin-Fahrt. 

13.00 Uhr Freiwilliges Angebot
Freiwilliges Angebot heißt in Berlin für jeden etwas anderes. Einige schlenderten unter den Linden, oder shoppten im futuristischen Sony-Center, sahen die Hackeischen Höfe an oder ließen sich einfach nur Treiben durch eine Stadt die keine Wünsche offen lässt.

20.00 Uhr Maxim Gorki Theater
Gespielt wurde „Die fetten Jahre sind vorbei“ von Hans Weingartner. Ein Stück in dem drei junge Menschen den Widerstand proben, in Villen einbrechen, Möbel verrücken und eine ihrer Aktionen in einem ungeplanten Kidnapping endet. Echtes Kontrastprogramm zum Vorabend, das Stück war modern, das Publikum mit den Schauspielern auf einer Ebene und wie einige nachher bemerkten zum Glück nur eine Stunde lang. Zum Abschluss des Tages ging es noch ins Tacheles, eine alternative Kneipe im Scheunenviertel.

Lernen vor Ort

Sonntag 10.00 
Abfahrt zur Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Im ehemaligen Stasi-Gefängnis welches ein dunkles Kapitel in der DDR Geschichtet bildet, hatten auch wir ein außergewöhnliches Erlebnis. Der Zeitzeuge Reiner Dellmuth führte uns durch die Anlage, zeigte Zellen, Folter-Methoden und Verhörräume. Zu unserem Bedauern war Herr Dellmuth weder pädagogisch geschult noch hatte er genügend Distanz zu den Geschehnissen. Als Zeitzeuge objektiv zu sein ist wohl nur schwer möglich, aber was Herr Dellmuth uns vermittelte war geprägt von Wut und militärischem Drill. Die Führung wurde vor ihrem Ende abgebrochen. Nicht zu wissen wie man sich fühlen soll nach einem Museumsbesuch hat eine bedrückende Stimmung verbreitet und noch lange in der Gruppe besprochen wurde

15.00 Deutsches Historisches Museum
Hier erwartete uns eine sehr interessante Führung zum Thema Parteiführung und Alltag in der DDR. Eingriffe in das Privatleben, Zumutungen der Diktatur und ihrer Ideologie und das Bestreben der Partei, das Leben der Bürger zu bestimmen. Fremdbestimmung die man kaum nachvollziehen kann, ließ einen Blick zu in den alltäglichen Wahnsinn der DDR. 

17.00 Uhr Freiwilliges Angebot
Für einige unter uns das Top Ereignis „Fußball“ Herta BSC Berlin gegen Werder-Bremen. Das Spiel um die Endrunde, Berliner Fans und wir Provinzler mitten in ihrer Kurve, was für eine Stimmung, getragen von Spielfreude und Bierlaune. Gewonnen hat Werder-Bremen wohlverdient, und orakelt von Chris 1zu.4 
Für andere hieß es Pergamon-Museum, eine der ältesten Kulturen bestaunen oder der Bundestag mit futuristischer Glaskuppel oder einfach nur abhängen und die Füße in den Sand halten in einer der unzähligen Strandbars an der Spree.
Den gemütlichen Abschluss fanden wir in der Kulturbrauerei am Prenzlauer Berg, wo die Ereignisse erzählt, durchgekaut, und ausgiebig belacht wurden.

Montag 9.00
Ein Stück altes „West Berlin“ fehlte noch, also ab in die U-Bahn zum Kudamm. KaDeWe, Friedenskirche das ehemalige Zentrum, welches seinen ersten Rang längst an „Berlin-Mitte“ abgeben musste. 

11.00 Jüdisches Museum
Das Museum zeigt das Leben der Juden in Deutschland vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Beeindruckend schon allein durch die Architektur des Architekten Daniel Liebeskind und der modernen Konzeption, einige waren besonders erfreut endlich all ihren haptischen Bedürfnissen nachzukommen, hätte man auch hier noch Stunden bleiben können. Leider ging aber unser Zug gen Heimat und als wir einstiegen, voll von Eindrücken, stiller und müder als auf der Hinfahrt, hatten wir wunderbare Tage in Berlin erlebt. Noch Tage danach haben wir immer wieder davon gesprochen und mit unserem Reisebericht wollen wir auch euch einen kleinen Eindruck vermitteln. 
Wir können nur sagen Berlin ist mehr als eine Reise wert.

Text: Steffi Rieger

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