Maria Ilnar Pimentel aus der brasilianischen Millionenstadt Fortaleza berichtete über die schwierige Phase des Aufbaus und Wiederaufbaus Osttimors, an dem sie selbst beteiligt war. Über 400 Jahre war der Ostteil der Insel Timor portugiesische Kolonie, dann besetzte 1975 Indonesien mit seiner Militärdiktatur das Land widerrechtlich. 2000 kam es unter UN-Verwaltung und wurde schließlich im Mai 2002 unabhängig. Im Kampf gegen die Besatzer und im Unabhängigkeitskrieg starben zehntausende Osttimoresen, gut 30% aller Häuser wurden wie der Großteil der Infrastruktur mit Schulen, Krankenhäusern, Straßen zerstört. Zwei der vielen Osttimoresen, die sich unter Lebensgefahr für Freiheit und Demokratie einsetzten, erhielten 1996 den Friedensnobelpreis, der katholische Bischof Carlos Belo und José Ramos Horta, der letzte Woche zum Präsidenten der Landes gewählt wurde.
Ilnar Pimentel, obwohl schon pensioniert, unterrichtet noch Geschichte an einer Universität in Nordostbrasilien, engagiert sich aber ehrenamtlich in der Weiterbildung von Menschen, die Wiederverwertbares im Müll suchen, und vor allem im Gesundheitsprojekt für Pflanzenmedizin (CEMEASS) im brasilianischen Wallfahrtsort Canindé, dessen Bildungsarbeit seit Jahren auch vom Arbeitskreis Eine Welt Mettingen materiell unterstützt wird.

Ilnar Pimentel (vorn, Mitte, mit Brille) mit Studierenden des Kurs Ethnosoziologie

Als ausgewiesene Expertin für Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) wurde sie zusammen mit ihrer Kollegin von CEMEASS, Maria Odete Uchoa, in ein internationales Gremium berufen, das der jungen Nation beim Aufbau zur Seite stehen sollte. Beide arbeiteten jeweils zwei Jahre dort.
Ilnar Pimentel skizzierte die Wirtschaft Osttimors. Die Mehrzahl der Einwohner lebt von der Landwirtschaft, vor allem vom Reisanbau. Es gibt keine Maschinen, die Felder werden mit der Hacke bearbeitet. Der Kaffeeanbau ist nach wie vor in portugiesischer, die Produktion von Sandelholz in indonesischer, die Erdölförderung in australischer Hand. Nur 5% des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet die Industrie. Schwierige Bedingungen für die Menschen und ihr Land. Der Großteil der Osttimoresen hat weniger als einen US-Dollar pro Tag zur Verfügung.
Die beiden Brasilianerinnen konnten unter anderem wesentlich zum Erstellen von Katalogen beitragen, die zwischen 800 und 1000 dortige Pflanzen mit Heilwirkung umfassen. Die wichtigsten von ihnen werden gegen grundlegende Krankheiten eingesetzt wie Kopfschmerz, Verstauchungen, kleinere Wunden, Schutz vor Sonneneinstrahlung, die Hautkrebs hervorruft usw. Der Umgang mit diesen Medikamente wird in den Dörfern unter Berücksichtigung der Kenntnisse der Bevölkerung eingeübt. Selbst in den Städten gibt es kaum medizinische Versorgung. Also haben die „lebendigen Apotheken“, wie die Einrichtungen der Pflanzenmedizin genannt werden, eine zentrale Bedeutung in der Gesundheitsversorgung.
Die Studierenden beteiligten sich eifrig mit Fragen und Diskussionsbeiträgen am Vortrag. Erfreut war Ilnar Pimentel über das große Interesse und auch darüber, im Comenius-Kolleg mit vielen Studierenden in ihrer Muttersprache Portugiesisch sprechen zu können.
Text und Fotos: Hupsy

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