Solchen Verbindungen zwischen der Lübecker Realität und dem zuvor im Deutschunterricht gelesenen Roman begegnete die Reisegruppe des Deutsch-Leistungskurses am Comenius-Kolleg in Mettingen auf Schritt und Tritt. Und das war auch so gewollt, denn man wollte erkunden, in welcher Weise Thomas Mann seine Lübecker Erfahrungen in dem Roman verwendet hat. So näherten sich die Studierenden, nachdem sie auf dem Weg dorthin das Holstentor als wichtiges Wahrzeichen der Stadt kennen gelernt hatten, zunächst dem Haus in der Mengstraße, das heute als Buddenbrookhaus firmiert. Darin beeindruckten vor allem das nachgebildete Landschaftszimmer und der Speiseraum der Romanfamilie, mit passend dazu vom Tonband eingespieltem Pferdegetrappel. 

Allerdings stellte sich bald heraus, dass die anderen im Roman erwähnten Häuser nicht mit denen der Familie Mann übereinstimmten, jedenfalls nicht mit deren Standorten. Die Führerin bei dem anschließenden literarischen Spaziergang verstand es an verschiedenen Orten Romanszenen lebendig werden zu lassen, trotz der Kälte im winterlichen Lübeck. Allen Studierenden hatten sich die Schulerfahrungen Hanno Buddenbrooks tief eingeprägt, und so war es besonders interessant, die Schule zu betreten und die alten Räume auf sich wirken zu lassen, in denen Thomas Mann einst die Schulbank gedrückt hatte, mit übrigens ziemlich mäßigem Erfolg. Die Schule befand und befindet sich in einem ehemaligen Franziskanerkloster und es wurde verständlich, dass die Atmosphäre in diesen alten Mauern auf eine empfindliche Seele wie die Thomas Manns oder Hanno Buddenbrooks bedrückend wirken kann

So wurde der erste Tag der Studienfahrt intensiv mit Überlegungen zum Verhältnis von Thomas Mann und der fiktiven Familie Buddenbrook verbracht, mit eben dem Resultat, dass sogar beim Abendessen daran gedacht wurde.

Der nächste Tag war mehr der Geschichte der Stadt Lübeck und ihren sozialen Eigenheiten gewidmet. Hier war Michael Dünckmann mit seiner Frau Renate, der bis zu seiner Pensionierung Lehrer am Comenius-Kolleg war und jetzt in Lübeck lebt, ein Führer mit Insiderwissen. So lernten die Studierenden die Wohngänge als Besonderheit des Wohnens in einer engen mittelalterlichen Stadt kennen, die Stifthöfe als Wohnmöglichkeiten für Bedürftige und vor allem das Heilig-Geist-Hospital als eines der ersten Altersheime. Das Behnhaus mit seiner adligem Wohnen nacheifernden Gestaltung entsprach viel mehr den Vorstellungen der Studierenden von den Häusern der Buddenbrooks als das heutige Buddenbrookhaus in der Mengstraße.
Einhelliges Urteil der Teilnehmer der Studienfahrt war, dass dadurch ein Roman, der zunächst manchem etwas langatmig und uninteressant erscheint, seine Reize bekommen hat.

Text: Gunther Biesewig, Fotos: Stefan Schulte-Laggenbeck

× Stell uns deine Frage!