Tanztheater „Nativos“ aus Nordostbrasilien im Comenius-Kolleg

Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit und Gewalt, aber auch ausgelassene Lebensfreude und Zusammenhalt – eine ganze Bandbreite von Emotionen zeigte das Tanztheater „Nativos“ eindrucksvoll in seinem Stück „Tote Flüsse, Mangroven ohne Leben, ein hungerndes Volk“, das im Comenius-Kolleg vor mehreren Hundert Studierenden aufgeführt wurde.

Thematischer Rahmen ist das Leben der Bewohner der „Ilha de Deus“ – der „Gottesinsel“ – in der Nähe der Stadt Recife im Nordosten Brasiliens. Die ersten Inselbewohner kamen zu einem wunderschönen Ort mit klarem Wasser, vielen Fischen und Garnelen. Dargestellt werden alltägliche Arbeiten wie Muschelsammeln, das Einholen der Netze durch die Fischer, aber auch der Abschied der Fischer von ihren Kindern. Dagegen sind heutzutage die Flüsse verschmutzt, wenn nicht gar „tot“, die Mangroven – eine Art Küstenurwald – verschmutzt und abgestorben. Dabei dienen sie als durch das Wurzelwerk gesicherter „Kindergarten“ für Fische und Krustentiere. Die neue Lage führt zum Verlust der Lebensgrundlage der Bevölkerung und hat als Konsequenzen Frustration, Demonstrationen und gewalttätige Auseinandersetzungen. Die Aufführung zeigt aber auch, wenn etwa Samba gespielt und getanzt wird, dass die Menschen ihre Lebensfreude nicht verlieren.

Die Gruppe verbindet sehr reduzierte darstellende Elemente mit solchen des traditionellen Tanzes und traditioneller Musik wie Samba, Frevo oder Maracatu. So gibt es eine Szene, in der durch das Aneinanderschlagen von Stäben gewaltsame Auseinandersetzungen, auch in einer Art Kampf zwischen den Schauspielern, dargestellt werden.

Die „Companhia de Danca Nativos“ gibt es seit 2015. Sie besteht aus 8 Jugendlichen, die von der „Gottesinsel“ stammen und sich dort im Umweltschutz engagieren. Sie werden von einer älteren Schauspielerin und Musikerin betreut, die sie als Trommlerin manchmal direkt durch den Tanz treibt. Sie vertritt zudem ein vom Aktionskreis Pater Beda initiiertes und unterstütztes Projekt, „Saber Viver“, das auch eine kleine Tanzschule anbietet, um den Kindern ihre kulturellen Wurzeln zu zeigen. An deren Kursen haben die Mitglieder von „Nativos“ teilgenommen.

Zustande gekommen ist die Veranstaltung auf Initiative eines ehemaligen Studienkollegiaten des Comenius-Kollegs, Luciano de Sales, der selbst aus Recife stammt. Nach einem Studium der Romanistik kümmert er sich jetzt um die Betreuung brasilianischer Studenten an der Universität Münster, engagiert sich aber eben auch für die deutsch-brasilianische Völkerverständigung.

Wie sehr die Aufführung die zuschauenden Studierenden, aus Deutschland und vielen weiteren Ländern, beeindruckte, ließ sich an den begeisterten Reaktionen erkennen. Und des Öfteren stimmten – wohl vor allem brasilianische Studienkollegiaten – in die Lieder der Gruppe ein. Einige ließen sich sogar in einen Tanz zur Anpflanzung von Mangroven integrieren und verdeutlichten. dass es bei gegenseitiger Unterstützung eine Zukunft für die Fischer auf der „Gottesinsel“ gibt.

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Text: Gunther Biesewig

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